Ich habe ja so ein Glück gehabt. Ich habe so ein richtiges ausgeglichenes Anfängerbaby. 🙄😂

Das höre ich immer wieder. Ich glaube, weil mein Mann und ich ja so ausgeschlafen sind, unser Kind sich so eigenständig beschäftigt, uns im Haushalt mithilft und nicht oft meckert, wenn ihm mal etwas schief geht. Und wenn er müde ist, dann kriegen das die meisten nur mit, weil er sich die Augen reibt und nicht weil er „so schwierig wird“. Bei uns sei es ja so leicht. Was für ein Glück für uns. Doch was alles im Hintergrund abgeht, das sehen die meisten nicht.

Ich bin ja einen ziemlich ungewöhnlichen Weg gegangen.

Bevor ich mein erstes Kind bekam, hatte ich mit meiner Mutter bereits 3 Jahre einen Podcast zum Thema Kindererziehung. Wie konnte ich über Kindererziehung sprechen, wenn ich keine eigenen Kinder hatte? Das habe ich mich damals oft gefragt. Heute würde ich sagen, es war das beste, was ich machen konnte. Wieso? Weil ich NICHT aus eigener Erfahrung gesprochen habe, sondern auf der Grundlage von Expertenwissen, Psychologie, Hirnforschung, Kommunikation, Spiritualität, Persönlichkeitsentwicklung und Energiearbeit. Dafür bin ich Experte. Das hatte ich studiert. Und das brachten wir in die Kindererziehung. Wenn ich damals schon eigene Erfahrungen gehabt hätte, wäre mein Blick u.U. viel limitierter gewesen. Aber ich brauchte einen breiten Blick, weil ich ein großes Problem für mich lösen musste. 

2012 war mein Jahr des Weltuntergangs.

Innerhalb von 2 Monaten, als der Sommer wunderschön war und ich meinen Geburtstag im frisch angelegten Garten mit meiner Familie genießen wollte, nahmen sich 3 Menschen das Leben. Es macht mich traurig, dass diese 3 tollen Menschen in ihrem Leben keine Freude mehr finden konnten. 

Deswegen haben wir uns in der Familie gemeinsam zu einem Ziel verbündet:

Ganz egal was kommt, wir werden ALLES dafür tun, um in unserem Leben niemals an den Punkt zu kommen, dass wir etwas akzeptieren, was uns nicht gut tut. Und wir werden ALLES dafür tun, um unser Leben zu füllen mit Dingen, die wir lieben. Wenn wir schon so eine Erfahrung machen – und dann gleich 3 Mal – dann wollten wir daraus etwas lernen.

Nun stand ich vor folgendem Problem: Mit meinem Partner wurde das Thema Kinder immer lauter. 👫

Doch ich bin Tänzerin.💃🏼 Ich arbeite freiberuflich in einer „brotlosen Kunst“. Wie sollte das gehen? Ich hatte Angst, dass ich nach einer Schwangerschaft meinen Körper nicht wiederbekommen würde. Ich hatte Angst, dass ich zu lange ausfallen würde, um einen Weg zurück in meinen Job zu finden. Außerdem war ich einfach kein Kindermensch. Ich war nicht der große Kümmerer, wie meine Mutter und mein Mann, die immer irgendwas zu Essen als Überraschung vorbereitet haben. Ich spielte nicht gerne – besonders keine Kinderspiele, die daraus bestehen 100mal einen Turm aufzubauen und wieder umzuschubsen. Ich lese gerne STUNDENLANG Bücher. Ich trainiere gerne. Ich bin gerne ALLEINE. Ich liebe es Menschen weiterzuhelfen, wenn sie vor Herausforderungen stehen. Doch wenn ich ein Kind hätte, wäre das doch alles vorbei, oder? Ich wäre die ersten Jahre nie wieder alleine. Ich hätte immer ein Kind auf dem Arm. Ein kleines Kind braucht so viel Aufmerksamkeit. Und ich konnte mir nicht vorstellen, das aufzugeben, was ich so sehr liebte. Ich hatte Angst, dass mir genau das passieren würde, was ich nicht wollte: Ein Leben, in dem ich nicht die Chance hätte zu tun, was ich brauche um glücklich zu sein. 
Und da sich nunmal nicht kontrollieren lässt, was man für ein Kind bekommt – ob ein ausgeglichenen Vielschläfer oder ein dauernd wachen Weltentdecker mit lauter Stimme – wie sollte ich sicherstellen können, dass ich weiterhin sein kann, wer ich war und mich nicht im Mama-Helden-Dasein verliere?

Die Mama Akademie war meine Rettung. 🦸‍♀️

Nach tausenden von Gesprächen mit meiner großartigen Mutter, die damals schon ein Talent hatte gegen Muttersorgen genau die richtigen Worte zu finden, war ich auf einmal Teil der Mama Akademie – ohne Kind. 🙆🏻‍♀️ Und ich nutzte die Zeit. Anstatt zu lernen, wie ich mein Kind ideal begleiten kann, lernte ich, wie ich JEDES kindliche Temperament ideal begleiten kann. Denn wenn ich eine Lösung finden wollte, um die liebevolle Mutter von ganzem Herzen in mir zum Vorschein zu bringen (was ich trotz meiner Ängste wirklich wollte) und meiner Berufung als Tänzerin nachzugehen, dann musste ich vorbereitet sein. Denn wer konnte schon sagen, was ich für ein Kind bekommen würde? Würde es sein wie ich und die ersten 4 Monate nur schreien? Würde es sein wie mein Mann und das erste Jahr hauptsächlich schlafen? Hätte es die Gene der temperamentvollen oder der ruhelosen oder der ausgeglichenen Verwandten? Wer konnte das schon wissen. Ich musste also verstehen, wie ein Zusammenleben mit Kindern auf natürliche Weise funktionieren kann, sodass die Natur (die ja immer nach Gleichgewicht strebt und nicht nach Überanstrengung) zu ihrer vollen Entfaltung kommt – ganz egal was für Eigenschaften mein Kind haben würde. Und ich wollte wissen, wie ich mein Kind in jeder seiner Phasen – ganz egal ob die „Nachts-wenig-schlafen-Phase“, die „Trotzphase“ oder die „Ich-will-das-jetzt-alleine-machen-Phase“ liebevoll begleiten kann, sodass es glücklich und selbstbewusst wird und jeder Herausforderung im Leben gewachsen ist. 

Bald bildete sich eine ganz klare Überzeugung: Als Mutter ALLES zu haben (eine traumhafte Partnerschaft, eine sinngebende Aufgabe als Job, Kinder, Zeit für sich selbst, Zeit für andere, persönliche Entfaltung, Reichtum, Sinnlichkeit, einen Pudelwohlfühl-Körper,…) ist das beste was ich meinem Kind schenken kann. Und am besten ist es in jedem Moment dabei. 

Das ist eine ziemlich große Überzeugung. Und 2018 war es dann so weit. Unser erstes Kind kam zur Welt. 🤱🏻

Müdigkeit? Keine Spur. Mein Körper ist dafür gemacht, mein Kind zu versorgen 💪🏻. Zu wenig Milch? Ich hätte noch 2 weitere Babys mitversorgen können. Keine Zeit mehr zum Arbeiten? Es findet sich immer Zeit und im Notfall nehme ich den Kleinen einfach mit zur Probe und er freut sich, dass er einen riesen Raum als Spielfläche hat. Der Kleine erkundet am liebsten eigenständig die Welt und kommt ab und zu vorbei, um mir begeistert zu zeigen, was er entdeckt hat. Was für ein Glück. Was für ein „ausgeglichenes Anfängerbaby“. Ich kann doch gar nicht mitreden bei all den Problemen, die andere da draußen haben.

Was viele nicht sehen, ist was hinter den Kulissen abgeht.

Die Momente, in denen alles droht zu kippen. Die Momente in denen er auf einmal anfängt, sich schreiend auf den Boden zu werfen, um seinen Kopf durchzusetzen. Zu schlagen, wenn er frustriert ist. Nicht mehr zu schlafen, weil der Alltag ihn überfordert. Die Momente, in denen ich so gestresst bin, dass auf einmal gar nichts mehr funktioniert. Es gibt immer wieder Phasen, in denen ich merke, wie es droht zu kippen. Wie sich kleine Herausforderungen einschleichen und lauter werden. Doch ich merke auch, wie ich unser Familiengleichgewicht wieder herstellen kann, indem ich die Waage wieder herstelle. Dann ist mein ausgeglichenes Anfängerbaby wieder da, das gerne kooperiert, wenn ich ihn um etwas bitte, das mit Begeisterung (und ja auch mit viel Temperament und unermüdlich) die Welt entdeckt und sich voller Konzentration in eine neue Lernaufgabe vertieft.  

Ich bin heute überzeugter denn je: JEDES Kind hat das ausgeglichene Anfängerbaby in sich. Denn es ist keine Persönlichkeitseienschaft sondern beschreibt das harmonische Zusammenspiel zwischen Mama und Baby. Außerdem ist ausgeglichene Neugierde, Urvertrauen und Kooperationsbereitschaft das, was einem Baby evolutionär den größte Vorteil verschafft. Denn es ermöglicht Lernen am schnellsten. Und darum geht es einem Kleinkind doch, oder? Es will lernen. So viel und so schnell wie möglich. Und das am liebsten mit seinen Lieblingsmenschen. Das braucht es auch zum Überleben. Also warum sollte die Natur diesen Prozess torpedieren?

Doch die neue Welt macht es unseren Babys nicht so leicht. Aber wir können es ihnen wieder leicht machen.

Wir können ihnen geben, was sie brauchen, um als ausgeglichene Anfängerbabys und Kinder ganz in Ruhe ihre eigene Persönlichkeit zu kreieren und ihre ganze Power zu entdecken. Wenn wir die Momente, in denen es kippt, rechtzeitig erkennen und wissen, was jeder in der Familie braucht, können wir ALLES haben, was wir wollen. Und das Wichtigste, dann haben wir einfach Zeit mit den süßen, tollen, kleinen Minimenschen zu kuscheln, zu toben und jede Sekunde dieser besonderen Zeit zu genießen.